In den letzten 2,6 Millionen Jahren hat es in Mitteleuropa etwa 50 Kaltzeiten gegeben. Von einer Kaltzeit spricht man, wenn über mehrere Tausend oder Zehntausend Jahre hinweg Jahresmitteltemperatur deutlich unter 0 °C liegt. Die Kaltzeiten werden durch Warmzeiten mit Jahresmitteltemperaturen von 8 °C oder darüber getrennt.
Nur die letzten drei der Kaltzeiten waren in unserer Gegend zeitweise auch Eiszeiten. Eiszeit bedeutet, dass während der Winterzeiten mehr Schnee fällt als im Sommer wieder abschmilzt. Das Ergebnis ist die Bildung einer Inlandeismasse, die sich von Skandinavien her nach Süden in den Bereich des nördlichen Mitteleuropas ausbreitete.
ln der Elster-Kaltzeit war das nördliche Mitteleuropa zwei Mal vom Inlandeis bedeckt. Zu Beginn des zweiten Vorstoßes vor ca. 340 000 Jahren zog sich der Eisrand etwa entlang der Linie Hamburg – Berlin – Warschau über mehr als 1000 km Länge hinweg quer durch Europa. Bei seinem weiteren Vorrücken nach Süden brach eine etwa 20×20 km große Gletscherzunge -der Muskauer Gletscher- aus der Inlandeismasse heraus und bewegte sich schneller nach Süden als die gesamte Eisfront. Seine Mächtigkeit ist durch eine geotechnische Modeliierung auf 400 m bis 500 m bestimmt worden. Verglichen mit den heutigen Gebirgsgletschern war der Muskauer Gletscher ausgesprochen kurz und dick, dafür aber relativ breit.
Die Situation vor der Vereisung
In einer relativ ebenen Landschaft bildete sich eine „kleine“ Gletscherzunge. Es ist nicht bekannt, warum der Gletscher gerade an dieser Stelle hervorgebrochen ist. Vielleicht existierte hier ein kleines Tal eines Flusses oder Baches, das das Ausfließen des Eises begünstigte. Dieser Fluss und sein Tal haben aber nichts mit der heutigen Neiße zu tun, sie ist erst sehr viel später entstanden.
Der Muskauer Gletscher in Aktion
Unter dem Eis wurden die Schichten durch Gesteinsfließen in Falten gelegt (plastische Deformation). Man kann sich das so vorstellen, als wäre der Untergrund zwischen die Backen eines Schraubstockes eingespannt. Eine „Backe“ ist die Erde, die von unten „gegen hält“. Die zweite „Backe“ ist das Eis, das von oben drückt. Vor dem Eis fanden überwiegend Bruchverformungen statt. Die Schichten zerbrachen hier in so genannte tektonische Schuppen (rupturelle Deformation). Diese richteten sich auf und wurden zu einer 130 m bis 180 m hohen und etwa 700 m breiten Stauchendmoräne aufgepresst.
Der Muskauer Faltenbogen wurde also nicht durch die Schubkraft des Gletschers „zusammengeschoben“ sondern vielmehr durch die Gewichtskraft des Eises „zerdrückt“ (Eislastdeformation). Im Bauwesen wird die Deformation des Baugrundes durch die Last von Gebäuden „Grundbruch” genannt. Man kann den Muskauer Faltenbogen deshalb auch als Grundbruchmoräne bezeichnen. Den Prozess der „Zerstörung“ der Gesteinsschichten durch einen Gletscher nennt man Glazialtektonik
Nach dem Abschmelzen des Gletschers
Nach dem Abschmelzen des Eises haben die Faltungs- und Bruchprozesse im Hinterland ein Becken geschaffen (Bahrener Becken), das sich allmählich mit Bändertonen füllte. Bändertone sind Ablagerungen der Schmelzwässer in einem See. Der Faltenbogen und sein aufgefülltes Hinterland ist heute das größte zusammenhängende Waldgebiet Brandenburgs.
Heutige Situation
Spätere Gletschervorstöße der Elster- und Saale-Kaltzeit überfuhren Faltenbogen und kaltzeitliche Winde bliesen feine Sedimente (Sande, Schluffe und Tone) aus. beide Prozesse führten zu einer starken Einebnung des Stauchendmoränenwalls. Das Eis der Weichsel-Kaltzeit erreichte das Gebiet nicht mehr. Heute erhebt sich der Faltenbogen nur noch wenige Meter über sein Vorland – im Durchschnitt etwa 10 m. Am höchsten ist die Geländestufe am polnischen Innenrand.